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Wie radikale Kundenzentrierung Marketing und Agenturen verändert

Christian Vatter, Geschäftsführer von Rlevance (Foto: Burgold Photography)
Christian Vatter, Geschäftsführer von Rlevance (Foto: Burgold Photography)

Mit Customer Centricity richten sich Unternehmen radikaler auf den Kunden aus als bisher – das hat Folgen für Marketing und Agenturen. Wie können Agenturen der neuen Entwicklung begegnen?

Ein Gastbeitrag von Christian Vatter, Gründer und Geschäftsführer der Berliner Beratungsfirma Rlevance

Begriffen wie Design Thinking, User Centered Innovation, Customer Experience oder Service Design begegnet man in letzter Zeit im Unternehmenskontext immer öfter. Sie sind die sichtbaren Zeichen einer Entwicklung, die den Kunden radikaler ins Zentrum der Unternehmensaufmerksamkeit stellt als dies je der Fall war. Damit reagieren Unternehmen auf die Herausforderungen unserer Zeit: Überangebot, zunehmender Kundenanspruch, einfache Wechselmöglichkeit. Als Reaktion gründen Unternehmen, häufig mit Nähe zum Silicon Valley, Bereiche, deren Auftrag es ist, das Unternehmen besser auf den Kunden auszurichten – eine Transformation zur customer centric organization.

Häufig gilt Customer Centricity als Innovationsmethode, die beim Kunden beginnt und dessen Bedürfnisse und Voraussetzungen in Produkte, Features und Experiences übersetzt. Customer Centricity ist aber mehr als das: ein Managementprinzip, das auf langfristige Kundenbeziehungen statt auf kurzfristigen Abverkauf setzt, und sich entsprechend in Strukturen, Prozesse, KPIs und der Kultur des Unternehmens wiederfindet. In der Folge ist davon auch das Marketing betroffen, von dem gefordert wird, Kundenbeziehungen und Kundeninteraktionen ganzheitlicher und für Kunden werthaltiger zu denken. Basis dieser Erkenntnis ist eine von uns kürzlich veröffentlichte Interviewstudie mit den Treibern der Transformation zu mehr Kundenzentrierung bei DAX-Unternehmen wie der Allianz, Lufthansa oder E.ON. Wenn das Marketing seine Ziele ändert, hat dies Folgen für Kommunikationsagenturen. Bemerkbar ist die Veränderung bereits durch zunehmende Konkurrenz seitens Unternehmensberatungen und Designagenturen. Was bedeutet diese Entwicklung aber genau für die Zukunft von Agenturen und wie können sie weiterhin relevant für Kunden bleiben?

Bester Kenner des Kunden
Radikale Kundenzentrierung bedeutet, möglichst gut zu verstehen, was Endkunden antreibt. Agenturen werden umso wertvoller für ihre Auftraggeber, je mehr und je umfassender sie für dieses Verständnis sorgen und zu einem sinnvollen Ganzen integrieren. Durch Strategic Plannning sind Agenturen bereits nahe am Endkunden, allerdings ist die Art des gewonnenen Wissens häufig einseitig. Es werden vorwiegend bewusste Einstellungen und Empfindungen der Kunden untersucht und weniger sein wirkliches Verhalten erforscht. Gleichzeitig wird mit Big Data Verhalten quantifiziert aber nicht seine Beweggründe erklärt. Zum umfassenden Bild gehört neben der Einstellungmessung jedoch auch, zu verstehen wie ein Produkt verwendet wird und was Nutzer letztlich damit bezwecken wollen, dies vor allem jenseits der bewussten Reflektion. "Thick Data"– durch psychologische, ethnographische und anthropologische Methoden gewonnen Erkenntnisse – hilft hier weiter und klärt vor allem das "warum" hinter Verhalten. Kombiniert man die Perspektiven ergibt sich ein erhellendes Ganzen mit echtem strategischen Mehrwert. Für Details sei auf den exzellenten Artikel 'Big Data Is Only Half the Data Marketers Need' im Harvard Business Review 11/2015 verwiesen. Es gilt also, das, was heute unter "Designresearch" bekannt ist, in den bisherigen Werkzeugkasten zu integrieren und sich über relevantes Kundenwissen als erste Adresse für umfassendes Kundenverständnis zu etablieren.

Nützlich machen statt nur Vermitteln
Wenn langfristige Kundenbeziehungen das neue Ziel sind, wird neben der Etablierung der Beziehung auch ihre Pflege wichtig. Zur ganzheitlichen Beziehungssteuerung gehört neben der Kommunikation auch Produkt-, Service- und Customer Experience. Aus der Markentechnik sei hier die Analogie zur Person bemüht: Nicht nur was ich von Herrn Maier halte definiert meine Beziehung zu ihm, sondern auch und vor allem wie Herrn Maier sich mir gegenüber verhält.

Bei der Erlebnisvermittlung spielen weniger die Zieldimensionen Aufmerksamkeit, Überraschung und Involviertheit eine Rolle, vielmehr geht es hier um Nützlichkeit und Reibungslosigkeit. Über die Art und Weise, den Charakter, des Erlebten lassen sich aber auch Botschaften vermitteln. Für Agenturen bedeutet dies, über Kommunikation hinaus auch beziehungsprägende Erlebnisse zu gestalten: Wie sollen Endkunden die Interaktion mit dem Call Center erleben, wie sieht die Shopping Experience aus, welche Gefühle soll der Umgang mit dem Kundendienst vermitteln? Sowohl bei Kommunikation als auch Experience spielt Kreativität, das Stammkapital von Agenturen, eine wichtige Rolle, nur wird sie anders eingesetzt. Ein gutes Beispiel für die gelungene Integration von Kommunikation und nützlichen, markenprägenden Erlebnissen sind "Brand Services", für Endkunden kostenfreie, nutzbringende Services, die jedoch über das Serviceerleben relevante Markeninhalte vermitteln und damit Versprechen erlebbar einlösen.

Wie auch die Beziehung Agentur-Auftraggeber kundenzentrierter gestaltet werden kann, lesen Sie in der vollen Artikelversion in der Printausgabe von new business.