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"Die größte Herausforderung ist das Nicht- und Halbwissen im Markt"

Julian Mohr, Gründer und Managing Partner der Nqyer Media GmbH (Bild: Nqyer)
Julian Mohr, Gründer und Managing Partner der Nqyer Media GmbH (Bild: Nqyer)

Die Goldgräberstimmung im Influencer Marketing hält an – droht aus dem Boom eine Blase zu werden? Julian Mohr von der Weischer.Media-Tochter Nqyer glaubt an das Potenzial der jungen Disziplin. Damit Influencer Marketing relevant bleibt, braucht es jedoch Transparenz, Kompetenz und klare Konventionen.

new business: Sie beschäftigen sich seit fünf Jahren intensiv mit dem Thema Influencer Marketing. Wie hat sich der Markt in dieser Zeit entwickelt?
Julian Mohr: Das kann ich gut an einem plakativen Beispiel erklären: 2012 haben wir unsere erste Kampagne für Favics entwickelt, eine Online-Plattform für Underground Labels und Nachwuchsdesigner. Das Marketingbudget war mit 5.000 Dollar relativ überschaubar. Um Favics bekannt zu machen, haben wir eine brasilianische Influencerin angefragt – eine YouTuberin mit 300.000 Followern. Es stellte sich heraus, dass sie noch nie Werbung gemacht hatte. Wir haben ihr 300 Dollar angeboten, sie produzierte ein 15-minütiges Video. Als es live ging, sind die Leute auf die Website gestürmt, bis sie zusammengebrochen ist. Eine gigantische Resonanz für nur 300 Dollar! Anderthalb Jahre später haben wir die YouTuberin für ein anderes Projekt erneut angefragt. Da meldete sich ein Management und teilte uns mit, für weniger als 1.500 Dollar kämen wir nicht ins Geschäft.

nb: Was Influencer verdienen, wurde ja gerade kritisch diskutiert. Aber wie bewerten Sie die Preisentwicklung aus professioneller Media-Perspektive?
Mohr: Vor ein paar Jahren haben uns Influencer mit 80.000 Followern, die wir für unsere Kunden eingekauft haben, noch gefragt, ob 40 Euro für einen Post ok sind. Durch den Hype sind die Preise explodiert. Klar ist: Influencer haben sich ihre Audience in der Regel hart erarbeitet, sie produzieren kontinuierlich Content und verdienen dafür natürlich eine leistungsgerechte Entlohnung. Wenn aber heute ein Influencer mit 500.000 Followern für einen Post auf Instagram einen Preis von 12.000 Euro aufruft, sehe ich mich als Berater in der Pflicht, dem Kunden zu sagen, "Das würde ich nicht machen, weil es Alternativen gibt". Die Verweildauer auf einem Bild liegt bei Instagram zwischen drei und fünf Sekunden. Wenn an anderer Stelle Influencer Preise aufrufen, die einen TKP von 250 Euro bedeuten ist das Premium-Fernseh-Niveau. Und dort bekommt man einen Spot, der 15 bis 20 Sekunden lang ist.

nb: Welche Daten beziehungsweise Insights braucht man für die Planung?
Mohr: Das fängt mit den Influencer-Daten an: Zu welchen Themengebieten erstellt er Inhalte? Automotive, Fashion, Fitness, Technik,… Reichweite ist eine weitere zentrale Kennziffer, und das Engagement. Man spricht von der Like-to-Follower-Ratio: Wenn ich 100.000 Follower habe und im Schnitt 3.000 Likes hinter einem Bild, dann liegt meine Ratio bei drei Prozent. Wir finden die Like-to-Follower-Ratio allerdings nicht mehr so aussagekräftig, weil Instagram letztes Jahr seinen Algorithmus verändert hat und die Posts jetzt nicht mehr absteigend chronologisch aufzeigt, sondern nach Vorlieben beziehungsweise Interaktionsraten. Das heißt, wie bei Facebook werden als erstes die Posts ausgespielt, die der Algorithmus für den jeweiligen User als relevant erachtet. Bei Instagram ist Reichweite deshalb nicht gleichbedeutend mit der Zahl der Follower, sondern muss auf den einzelnen Post bezogen werden – sprich: die Impressions. Wie viele Leute sehen das Bild überhaupt, und wie viele davon interagieren? Man muss wissen, weswegen die Audience dem Influencer folgt und für was er steht. Ein möglichst breiter Überblick sollte ebenfalls gegeben sein, sowie natürlich mit als wichtigster Punkt: Der Preis, der von extrem vielen Faktoren abhängt. Es gleicht der Quadratur des Kreises.

nb: Wenn ein Influencer beispielsweise auf Instagram 20.000 Follower hat, sagt das noch nichts über die Reichweite der Posts aus?
Mohr: Genau, die Rechnung "1 Mio. Follower = Kontaktchance zu 1 Mio. Menschen" ist nicht richtig. Viele Accounts sind null aktiv und folgen bestimmten Profilen automatisiert, damit man ihnen zurückfolgt. Instagram hat ein gigantisches Bot-Problem; knapp jeder zehnte Account oder jede zehnte Aktion geht auf einen Bot zurück, wenngleich Instagram mittlerweile sehr hart gegen das Business mit Fake Profilen und Fake Engagement durchgreift. Das ist ja einer der Gründe, weshalb Influencer Marketing in die Kritik geraten ist. Wenn Marktteilnehmer bei den Kunden auf diese Weise falsche Erwartungen wecken, schadet das der gesamten Branche. Das ist im Moment die große Challenge – das Nicht- und Halbwissen draußen im Markt.

Das volle Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von 'new business'. Zur Heftbestellung