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Graft Brandlab: Markenwerte in Räume übersetzen

Graft Brandlab-Chefin  Linda Stannieder (Foto: Graft Brandlab)
Graft Brandlab-Chefin Linda Stannieder (Foto: Graft Brandlab)

Architektur mit Marken und deren Kommunikation im Raum verbinden, das ist das erklärte Ziel der Berliner Agentur Graft Brandlab, etwa für Kunden wie Zalando und Mercedes. Doch lassen sich Markenwerte überhaupt in Architektur übertragen? Darüber sprachen wir mit der Agenturchefin Linda Stannieder.

nb: Einer ihrer jüngsten Aufträge waren Gestaltungsideen für das Berliner Headquarter von Zalando. Wie gehen Sie bei so einem Projekt konkret vor?
Linda Stannieder: Die Ausgangsfrage bei Zalando beinhaltete, wie man die Marke in eine Fassadengestaltung übersetzt, die – anstatt einer einfachen Logo-Applikation – versucht, die Kultur des Unternehmens nach außen in die Stadt und nach Innen gegenüber den Mitarbeitern zu repräsentieren. Zalando war zu dieser Zeit an einem Punkt der Veränderung – es standen sehr schnell strategische Fragestellungen im Raum, denen wir uns über verschiedene Workshops genähert haben. Entstanden sind daraus unterschiedlichste Vorschläge für digitale, analoge oder auch mal interaktive Fassadenbespielungen an verschiedenen Berliner Standorten. Die Aufgabe hat sich dann über die sehr intensive Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Departments bei Zalando sehr schnell auch in weitere Fragen erweitert.

nb: Nämlich?
Stannieder: Wie sehen Büros weltweit aus, die die spezifische Unternehmenskultur von Zalando verkörpern? Was ist international markenspezifisch, und wieviel Spielraum haben die einzelnen Märkte für kulturelle Adaptionen? Welchen Einfluss haben die Mitarbeiter auf die Gestaltung, welche Dinge sind vielleicht sogar gemeinsam in Events gestaltbar? Man denke zum Beispiel an Fassadengestaltungen, bei denen die Mitarbeiter mitwirken können. Oder die Frage: Wie begrüßt Zalando Besucher und Mitarbeiter in Empfangssituationen? Hat das Einfluss auf die Gestaltung im Hof und die Wegeführung?

nb: Und was war das Resultat dieser Überlegungen?
Stannieder: Das Ergebnis war als erstes die Umgestaltung der Lobby und die Zusammenfassung von markenstrategischen und gestalterischen Vorgaben in Guidelines, die nun weltweit für alle Zalando-Standorte gelten sollen.

nb: Stellt sich freilich die Frage, ob sich Markenwerte überhaupt in Architektur ausdrücken lassen...
Stannieder: Man kann sich die Markenwerte wie einen inneren Unternehmenskern vorstellen, der die Basis für alles setzt und den Charakter der Marke formt. In den meisten Fällen sind die Werte jedoch für Designer noch zu generisch oder zu wenig spezifisch für eine passende Übersetzung in Gestaltungsthemen. Bei Formulierungen wie zum Beispiel 'innovativ' oder 'freiheitsliebend' fragen wir uns deshalb immer erst, was es in diesem spezifischen Kontext genau bedeutet, innovativ oder freiheitsliebend zu sein. Welche Attribute beschreiben, was gemeint ist? Wer soll konkret angesprochen werden? Wie sieht die übergeordnete Vision aus?

nb: Es geht also eher um eine Interpretation von Markenwerten?
Stannieder: Wenn wir eine Markenstrategie als Basis bekommen, ist es oft trotzdem unsere Interpretation der Marke und ihrer Zielsetzungen, welche sich dann in Formensprache und Materialität ausdrückt. Ich würde die Dialoge mit dem Kunden und die Analyse des Materials, das wir erhalten, als Richtungsfindung bezeichnen. Häufig stellt sich heraus, dass die Dinge viel mehr in Veränderung sind, als das in Guidelines zu fassen geht. Es macht einen großen Unterschied, ob wir den Status-Quo der Marke und deren definierten Markenwerte betrachten oder Vision und Vorgaben für zukünftige Entwicklungen interpretieren. Daraus ergeben sich in Gestaltungsfragen ganz unterschiedliche Richtungen.

nb: Doch erkennt ein Betrachter in einer Rauminszenierung tatsächlich die Markenwerte – daran kann man ja zumindest zweifeln...
Stannieder: Dem würde ich widersprechen. Ein Raum hat durch seine Gestaltung eine bestimmte Atmosphäre. Viele können zwar nicht direkt verbal ausdrücken, was sie in ihrem Umfeld wahrnehmen – es ergibt sich aber ein Gefühl. Oft wird das ausgedrückt in Beschreibungen wie 'gemütlich', 'kühl', 'distanziert' oder 'schön'. Ich erwarte nicht, dass jeder beschreiben kann, was die Raumgestaltung ausmacht. Es geht im Grunde um eine Markenbindung, ein Markenvertrauen und den Abverkauf von Produkten oder anderen Leistungen. Da geht es immer um eine gerichtete Ansprache der richtigen Zielgruppen und um einen möglichst differenzierenden Markenausdruck. Da spielen die Markenwerte – oder unsere Interpretation davon – eine wesentliche Rolle. Die richtige Umsetzung setzt gewissermaßen eine Grundtonalität im Raum, die wir alle wahrnehmen und die in uns bestimmte Gefühle hervorruft.


Das komplette Interview, in dem es u.a. um die Zusammenarbeit mit der Schwesterfirma Graft Architects und der Arbeitsphilosophie der Agentur geht, lesen Sie in der aktuellen, heute erschienen Print-Ausgabe von 'new business'.