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Zoja Paskaljevic, Ciesco: "Kunden kaufen Agenturen, wenn sie nicht vom Dienstleistungsangebot überzeugt sind"

Laut M&A-Experte Zoja Paskaljevic stehen aktuell Customer Experience-Spezialisten hoch im Kurs (Foto: Ciesco)
Laut M&A-Experte Zoja Paskaljevic stehen aktuell Customer Experience-Spezialisten hoch im Kurs (Foto: Ciesco)

Die Transformation der Wertschöpfungskette verändert die Marketing- und Kommunikationsstrategie. Die Nachfrage nach Dienstleistern mit digitalem Knowhow nimmt weiter zu, insbesondere Customer Experience-Spezialisten sind stark nachgefragt. Der M&A-Experte Zoja Paskaljevic zu den Aktivitäten und Trends.

Das volle Interview lesen Sie in der Printausgabe new business 4/2019. Zur Heftbestellung

new business: Herr Paskaljevic, was stand 2018 oben auf den Einkaufslisten?
Zoja Paskaljevic: Wir sehen im Bereich von Digitalagenturen, Digitalen Medien, Digitalen Plattformen, MarTech und AdTech eine enorme Dynamik auf globaler Ebene. Lokale Beispiele wie die Übernahme von Kolle Rebbe oder SinnerSchrader durch Accenture in Deutschland gehen in diese Richtung. Ähnlich motiviert waren die Übernahmen von Acxiom durch IPG in 2018 oder Sapient durch Publicis in 2015. Alle diese Beispiele zeigen aber, wie die Unternehmen versuchen, sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu etablieren. Das sind spannende Modelle, ob sie funktionieren, wird die Zukunft zeigen.

nb: Welche grundlegenden Tendenzen treiben den Sektor?
Paskaljevic: Bisher liefen Wirtschaft und Werbeausgaben parallel. Seit kurzem beobachten wir, dass sich Wirtschaftsleistung und Werbeausgaben voneinander lösen. Während das BIP weiter steigt, bleiben die Werbe-Spendings seit 2017 konstant bis teilweise sogar rückläufig. Klassische Werbung verliert Volumen, dafür ist der Bereich Customer Experience ein Wachstumsmarkt. Gerade hier greifen die großen Beratungsunternehmen die Agenturen an, weil sie so aus der klassischen IT-Beratung in den CRM-Bereich vordringen, wo heute alles zusammenkommt. Diese Entwicklung und steigende Investitionen in Digital-Werbung zieht eine völlig neue Aufstellung der Unternehmen und Branche nach sich.

nb: Laut Ciesco stieg die Anzahl der M&A-Deals im betrachteten Sektor zwischen 2016 und 2017 auf 1.188 Deals, während Transaktionen wertmäßig von 69 Milliarden US-Dollar leicht rückläufig waren. Wie hat sich 2018 entwickelt?
Paskaljevic: Mit 1.392 Deals in 2018 sehen wir hier eine weitere Steigerung weltweit. In der DACH-Region sorgte unter anderem der November mit Übernahmen von Kolle Rebbe, Namics in der Schweiz oder dem Kauf von Elbkind durch Reply für Volumen. In unserem Sektor (Marketing, Technology, Medien) wurden 52 Transaktionen mit deutschen Zielen abgeschlossen, wie zum Beispiel die Übernahme von Intive durch Mid Europa Partners (UK) für 113 Millionen US-Dollar. Verglichen zum Vorjahr sank die Anzahl an Transaktionen um 17 Prozent, jedoch kann man davon ausgehen, dass der konsolidierte Transaktions-Wert mindestens auf Vorjahres-Niveau liegt. 43 Deals wurden von deutschen Unternehmen getätigt, also Übernahmen ausländischer Unternehmen wie zum Beispiel die Akquisition von Qualtrics durch SAP, insgesamt stieg die Anzahl um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 30 Transaktionen kann man inländischen Übernahmen zuordnen.

nb: Welche neuen Entwicklungen beobachten Sie?
Paskaljevic: Unterschiedliche Tendenzen: Zum einen, dass sich Verkäufer aus dem Agenturbereich heute zunehmend gegen eine Übernahme der großen Networks entscheiden. Sie gehen häufig lieber eine komplementäre Verbindung zu Käufern ein, die ein breiteres Angebot anbieten oder aber über eine Expertise verfügen, die einem selber fehlt. Nennenswerte Akquisiteure sind hier etwa SAP oder Salesforce. Zum anderen befinden sich auch Kunden unter den Käufern wie zum Beispiel bei der Beteiligung von Volkswagen an Diconium. Die Übernahme des Virtual Reality-Startups Modiface von L'Oreal hat ein ähnliches Motiv.

nb: Also lieber übernehmen als beauftragen?
Paskaljevic: Generell zeigt sich, wie wichtig die Digitalisierung geworden ist. Wenn Kunden Unternehmen kaufen, dann weil sie offensichtlich nicht vom Dienstleistungsangebot des Marktes überzeugt sind und in bestimmten Bereichen Kontrolle zurückholen möchten, Daten sind der Kern dieser Entwicklung. Aus Sicht von VW ist es natürlich ein schlauer Move, sich mit der Beteiligung an Diconium gezielt Kompetenz im Bereich der digitalen Transformation und der richtigen Daten-Erhebung und Nutzung ins Haus zu holen. Das ist nicht mit einem inhousing von Agentur- und Kreativleistung vergleichbar. Umgekehrt kenne ich aber auch keinen größeren Kunden, der zu 100 Prozent ohne Agentur arbeitet. Es wird weiterhin beide Lösungen geben, die auch nebeneinander bestehen können und müssen.

nb: Sie haben die Beteiligung von VW an Diconium angesprochen. Welcher Trend liegt dahinter und was macht eine Übernahme notwendig?
Paskaljevic: Hintergrund ist die Konzentration auf die Customer Experience. Dafür müssen Unternehmen mehrere Kompetenzen aufbauen: Auf der einen Seite ist es das Knowhow mit datenbasierten Ansätzen, auf der anderen Seite auch die technische Ausstattung, um diese auch sinnvoll einsetzen zu können. Diesen Weg ging zuletzt auch Martin Sorell mit der Übernahme von Mighty Hive oder MediaMonks, um die Kernfelder Programmatic-Media und datengetriebene Content-Produktion zu besetzen. MediaMonks war teuer, Mighty Hive im verträglichen Bereich.

(Interview: Thomas Olbrisch)