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Im chinesischen Internet nicht mehr zu finden: der Leica-Imagespot "The Hunt" (Screenshot: YouTube)

Im chinesischen Internet nicht mehr zu finden: der Leica-Imagespot "The Hunt" (Screenshot: YouTube)

China zensiert Leica-Spot von Saatchi & Saatchi Brasilien

Ausgerechnet ein Werbevideo demonstriert gerade, wie perfekt Chinas Internet-Zensurmaschinerie bereits funktioniert - und zeigt zugleich, in welchen ethischen Spannungsfeldern sich globale Marken heute bewegen: Der fünfminütige Image-Spot mit dem Titel "The Hunt" wirbt für die Produkte des High End-Kameraherstellers Leica mit Sitz in Wetzlar. Er zeigt einen Reporter, der an verschiedenen Schauplätzen dramatischer politischer Ereignisse mit seiner Leica auf Bildjagd geht. In einer Szene geht es dabei auch um die Entstehung des ikonischen 'Tank Man'-Fotos bei den Studentenunruhen auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Jahr 1989. Produziert wurde der Film Medienberichten zufolge von der brasilianischen Agentur F/Nazca Saatchi & Saatchi; in Auftrag gegeben hatte ihn ein Vertreter von Leica in Südamerika.

Die Marke Leica genießt in China hohes Ansehen, insbesondere weil Leica-Technologie in den Handykameras des chinesischen Mobilfunkriesen Huawei verbaut wird. Das Massaker auf dem Tien'anmen-Platz gehört jedoch zu den am stärksten tabuisierten Themen in China. Unmittelbar nach seiner Veröffentlichung verschwand das Video aus den chinesischen sozialen Netzwerken, wo es zunächst noch geteilt werden konnte. Das chinesische Twitter-Pendant Weibo lieferte bei Eingabe des Begriffs "Leica" den Hinweis, dass das Suchwort einen "Verstoß gegen relevante Gesetze und Vorschriften" darstelle. Auch die Suchmaschine Baidu spucke bei der Suche nach "Leica" lediglich Informationen über die Handykameras aus; Verweise auf das Werbevideo sind im chinesischen Internet nicht mehr auffindbar.

Auch andere Werbungtreibende haben bereits Erfahrungen mit politisch sensiblen Themen in China gemacht - so zum Beispiel das Social Media-Team von Mercedes-Benz im Februar vergangenen Jahres mit einem Instagram-Post, der eine Dalai Lama-Weisheit zitierte. Nach öffentlicher Kritik entschuldigte sich Daimler-Vorstand Dieter Zetsche damals beim chinesischen Botschafter in Deutschland.

Gerade erst hatte sich das 'Zeit Magazin' in einem umfangreichen Schwerpunktheft mit den Methoden und Auswirkungen der Internetzensur in China beschäftigt (mehr dazu u.a. hier).