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Strategy Corner: Kampf um die Kreativität


(Foto: EtiAmmos - stock.adobe.com)

Werbeagenturen sind mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung in der Umsetzung kreativer Dienstleistungen prädestiniert, um Unternehmen durch die 20er-Jahre des 21. Jahrhunderts zu begleiten, denn der Innovationsdruck steigert den Wert von Kreativleistungen maximal. Warum, erklärt APG-Gastautor János Joskowitz in der neuen Strategy Corner.


"Auf zahlreichen Feldern warten zentrale Herausforderungen auf die Telekom: Klimaschonendes Wirtschaften, AR/VR-Gaming mit Cloud-Support, das rasante Wachstum der großen Hyperscaler, der Handelskrieg zwischen den USA und China oder der 'War for talent'. Wichtig ist, dass wir zielgerichtet und zugleich flexibel agieren können. Dafür brauchen wir eine klare Strategie, die von unseren Mitarbeitern nicht nur mitgetragen, sondern weiterentwickelt wird. So wie es Professor Burgelman an der Stanford University immer formulierte: 'Strategy is mentality!' Ich bin gespannt auf Ihre Meinung zu diesen Trends!"
Tim Höttges, Vorstandsvorsitzender Deutsche Telekom AG, via LinkedIn


Zwischen den Zeilen von Tim Höttges’ LinkedIn-Post wird deutlich, wie sich der DAX-30-Konzern für die Zukunft aufstellen will. Mit einem breiten Spektrum an Themenfeldern und einem klaren Fokus auf die Menschen, die in der Lage sind, im richtigen Moment die passenden Themen visionär zu denken, marktreif zu entwickeln und kompromisslos zu vertreiben. Der detaillierte Blick zeigt: In jedem dieser drei Schritte stellt eine Kreativleistung die Grundlage für den Unternehmenserfolg dar. Das Vertrauen in Künstliche Intelligenz (KI) ist groß bei der Umsetzung von Rechenaufträgen, bei der Entwicklung von Ideen, Visionen und Produkten ist jedoch nach wie vor die menschliche Intelligenz das Nonplusultra. Das kreative Talent rückt in Zeiten mit hohem Innovationsdruck zunehmend in den Mittelpunkt für den nachhaltigen Erfolg von Unternehmen. Was Start-ups mit der Muttermilch ihrer Investoren aufnehmen, ist für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Konzerne bedeutender denn je. Macht einen Unterschied und seid kreativ. Denn nur das ist es, was langfristig überdurchschnittliches Wachstum treibt, wie die langfristige Studie aller im S&P 500 gelisteten Unternehmen von Kaplan und Foster zeigt.

Bei der Identifikation neuer Geschäftsfelder oder Ideen gewinnt derjenige häufiger, der bestehende Ressourcen unter Anwendung von neuen Technologien am schnellsten zu einem Produkt kombinieren kann. Laut der McKinsey-Studie 'Growing Beyond the Core Business' (2015) suchen nur 27 Prozent aller Unternehmen systematisch auch außerhalb ihres Kerngeschäfts nach neuen Geschäftsfeldern.
Es drängt sich die Frage auf, warum Agenturen mit ihrem tiefen Verständnis von kreativen Prozessen und Dienstleistungen nicht schon viel stärker als Partner von Konzernen und KMU für die Weiterentwicklung von Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsfeldern wahrgenommen werden.

Kreativität für Unternehmensberater
Werbe-, PR- und "Digital"-Agenturen sind durch die Digitalisierung der Kommunikation in den letzten 15 Jahren von mehreren Seiten unter Druck geraten. Die drei zentralen Druckpunkte sind:

1. Der Wechsel von saisonalen TV-Commercial- und Print-Kampagnen hin zu "Fast Advertising" und "Always on"-Marketing-Kommunikation zwingt die Agenturen, immer neue Formate zu bedienen. Im klassischen Agenturmodell mit drei Silos (Strategie, Beratung, Kreation) fehlt dafür die Agilität und Struktur. Geschäftsmodelle, in denen durch den "Weiterverkauf" (Arbitrage) von Produktionsdienstleistungen gewirtschaftet wird, kommen unter Druck.

2. Durch den Einsatz von Technologie entscheiden immer häufiger Algorithmen über das Design von Werbemitteln und damit auch über die strategische Außendarstellung von Marken. Es besteht darüber hinaus ein großer Druck, Strategien entlang des "Sales Funnels" auf Algorithmen abzustimmen. Meist werden die von den Technologie-Giganten Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft (GAFAM) zur Verfügung gestellt. Die einst attraktive Welt der demokratisierten Distribution von Inhalten ist bei genauer Betrachtung zu einer Abhängigkeit vom Technologie-Oligopol der US-amerikanischen Westküste geworden. An dieser Stelle hat Thomas Strerath vor einigen Wochen trefflich festgestellt: "Kern dabei ist, dass die Hoheit über die Daten nicht bei Dienstleistern liegen kann, sondern zentraler Ankerpunkt jeder Marketing-Strategie ist. Die dabei notwendigen Partnerschaften mit Google oder Facebook pflegt man dann auch selbst und nicht über eine Media-Agentur."

3. Die Flexibilisierung der Arbeitswelt ("Gig Economy") hat das kreative Talent freigesetzt. Bei der Frage nach dem perfekten Arbeitsumfeld für kreative Dienstleistungen erhält der Auftraggeber oft Vorrang vor dem Arbeitgeber. Das hat zum einen mit einem neu definierten Freiheitsgefühl zu tun, zum anderen aber auch mit der Untauglichkeit einer Festanstellung als Basis für außerordentlich gute Kreativleistungen.

Aufbruch in einen neue Ära
Wer nun auf eine lange Abschiedsparty mit den letzten Flaschen Jahrgangschampagner hofft, sollte das auch weiterhin in seinem Privatleben tun. Für Agenturen gibt es einen goldenen Ausweg, zumindest für diejenigen, die erkennen, was sie eigentlich können. Werbeagenturen sind mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung in der Umsetzung kreativer Dienstleistungen prädestiniert, um Unternehmen durch die 20er-Jahre des 21. Jahrhunderts zu begleiten. Ob in partnerschaftlichen Beziehungen oder als reine Dienstleister; der Innovationsdruck steigert den Wert von Kreativleistungen maximal. Der Ursprung liegt in den absehbaren und teilweise vollzogenen Technologiesprüngen, von denen alle Industrien betroffen sind. Kryptowährung, E-Mobilität und autonomes Fahren, KI-Lösungen und die Dynamisierung der Globalisierung sowie die maximal beschleunigte Informationsgeschwindigkeit sind die Felder, auf denen die erfolgreichen Produkte der Zukunft entwickelt werden.

Einige Unternehmensberatungen haben diese Entwicklung früh erkannt. Es wäre naiv zu glauben, dass diese Unternehmensberatungen in der Agenturwelt zuschlagen, um ihre PowerPoint-Folien schicker machen zu lassen oder die eine oder andere Website selbst herzustellen. Hier wird (Business-)Kreativität zu einer "Inhouse Resource" gemacht, um sie als Dienstleistung zu verkaufen.

Mit dem richtigen Anwendungsfall sind das Management von Kreativen und das Verständnis von Kreativprozessen selbst der Schlüssel, um in innovativen Umfeldern zu bestehen. Für Agenturen gilt es, sich nicht hinter schicken Goldideen oder Bannerproduktionen zu verstecken, jetzt geht es darum, das Vertrauen der Kunden in ihre Kreativität zu nutzen und für möglichst viele Geschäftsprozesse anwendbar zu machen. Naheliegend sind Produktentwicklungen oder Mitarbeiterführung, aber vor allem im Bereich der Prozessoptimierung und im Vertrieb sind massive Effizienz- und Effektivitätssteigerungen möglich. Gelingen kann dieser Coup eben jenen Agenturen, die es schaffen, über den eigenen Tellerrand der schnellen Kreativität hinauszuschauen. Dort schlummert das große Potenzial in der eigenen Unternehmens-DNA.
Viel zu holen gibt es für diejenigen, die es schaffen, nicht trotz, sondern wegen den klassischen Unternehmensberatungen zu bestehen. In der Abgrenzung geht es um klare, eigenständige Profile, die eine Bereicherung darstellen und verhindern, in die Falle zu tappen, in der so viele gute Ideen verloren gehen: dem Kompromiss.

Es bleibt zu hoffen, dass die starke Konjunkturabhängigkeit des Agenturmodells die notwendige Robustheit und Abenteuerlust der Entscheiderinnen und Entscheider ausgeprägt hat, um aufzubrechen in die nächste Phase der Kreativität.

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der Print-Ausgabe von new business.

In der Rubrik Strategy Corner, einer exklusiven Kooperation mit der APG, diskutieren alle 14 Tage strategische und kreative Köpfe aus dem Netzwerk des Verbands aktuelle Themen der Branche.

Die Account Planning Group (apgd.de) ist der Berufsverband der Marken- und Kommunikations-Strategen. 1997 gegründet, zählt die APG aktuell rund 630 Mitglieder. Neben ihrem Aus- und Weiterbildungsprogramm bietet sie u.a. mit Vortragsreihen wie dem "Speaker´s Snack" und der jährlichen Konferenz GROW der Branche eine inhaltliche Plattform.




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(is) 10.12.2019


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