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Russland: Kampagne gegen Springer-Journalisten?


Die Axel Springer AG gerät mit ihren publizistischen Aktivitäten in Russland offenbar unter wachsenden politischen Druck. So werden derzeit über das Internet kompromittierende Videos über den Chefredakteur der russischen Ausgabe von 'Newsweek', Mikhail Fishman (Foto) verbreitet. Das Nachrichtenmagazin wird in Moskau von einer Springer-Tochterfirma produziert. Eines der Videos zeigt Fishman u.a. beim Konsum von Kokain. In einem weiteren Clip geht es um die angebliche (versuchte) Bestechung eines Miliz-Angehörigen durch Fishman und zwei bekannte Kreml-Kritiker. Wer die mit versteckter Kamera gedrehten Filme produziert hat, ist unklar. Insider vermuten hinter der Verbreitung eine politische Kampagne gegen missliebige Journalisten und Oppositionelle, hinter der der russische Inlandsgeheimdienst FSB stehen könnte.

Bei den im Internet kursierenden Clips handelt es sich teilweise um älteres Material. So soll die Szene mit Fishman beim Kokain-Konsum bereits vor drei Jahren gedreht worden sein (bevor er 'Newsweek'-Chef wurde). Die Axel Springer AG äußert sich zu dem Thema nicht. Insider in Moskau gehen aber davon aus, dass dieses Video echt ist. Allerdings sei der private Kokaingebrauch in Russland nicht strafbar. Daher werde es wohl auch keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen für Fishman geben. Falls die Verbreitung der Videos politische Hintergründe hat, würde der Fall erneut zeigen, mit welchen Problemen kritischer Nachrichtenjournalismus in Russland kämpfen muss. Springer war schon früher Ziel von kriminellen Attacken auf Redaktionsmitglieder. So starb Paul Klebnikov, 41, Chefredakteur der ebenfalls von dem Verlag herausgegebenen Moskauer 'Forbes'-Ausgabe, im Juli 2004 vor seinem Redaktionsbüro durch mehrere Schüsse aus einem vorbeifahrenden Auto.

Die Video-Aktion gegen Fishman haben mittlerweile 14 russische Chefredakteure in einem gemeinsamen Brief verurteilt. Es handle sich um eine gezielte Provokation, die "nicht nur unserem Kollegen gilt, sondern der ganzen journalistischen Gemeinschaft", erklären die Unterzeichner des Briefes - darunter die Chefs der Blätter Kommersant, Iswestija sowie der Nachrichtenagentur Interfax.