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"Wahl zum Goldenen Windbeutel" und der Zwist zwischen Foodwatch und der Lebensmittelindustrie


Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat heute ihre jährliche "Wahl zum Goldenen Windbeutel" gestartet. Nominiert für die Online-Abstimmung über die "dreisteste Werbelüge des Jahres 2014" sind Produkte von Coca-Cola (Glacéau Vitaminwater), Unilever (Knorr activ Hühnersuppe), Coop (Norden Bio Apfelsaft naturtrüb), Mondelez (Belvita Frühstückskeks) und Nestlé (Alete Mahlzeit). Anlässlich der Wahl kritisiert die in Berlin ansässige Organisation nicht nur die genannten Unternehmen, sondern moniert zudem, dass "irreführende Werbeaussagen und Etiketten bei Lebensmitteln weiterhin ganz legal sind und daher im Supermarkt eher die Regel als die Ausnahme." Lena Blanken, "Wahlleiterin" beim Goldenen Windbeutel, kritisiert zudem: "Die Bundesregierung hat dem Etikettenschwindel zwar seit Jahren offiziell den Kampf angesagt - bessere Gesetze gibt es bis heute jedoch nicht. Die Lebensmittelindustrie freut sich, dass sie sich weiter ungehindert ihrer kleinen Tricks und perfiden Täuschungsmaschen bedienen kann."

Laut dem Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL) ist die Foodwatch-Aussage "schlicht falsch", wonach irreführende Werbeaussagen und Etiketten bei Lebensmitteln "die Regel" seien. Der BLL-Hauptgeschäftsführers Christoph Minhoff (siehe Foto rechts, Quelle: BLL) äußert auf Anfrage von 'new business': "Foodwatch führt Verbraucher mit einer solchen Aussage bewusst in die Irre. Wer lesen kann, kennt alle Inhaltstoffe eines Lebensmittels. Aus Sensationsgier und um Gelder einzutreiben wird hier unbegründet Misstrauen gegen die Industrie geschürt." Entsprechend könne laut Minhoff auch nicht die Rede davon sein, dass die Lebensmittelindustrie den Verbraucher täusche. "Nur weil Foodwatch Behauptungen ständig wiederholt, werden sie dadurch nicht richtig. Das zwingt uns dazu, uns auch zu wiederholen. Die Lebensmittelindustrie täuscht nicht. Für die Lebensmittelwirtschaft ist es selbstverständlich, dass es generell verboten ist, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben", sagt der Hauptgeschäftsführer des Spitzenverbands der Lebensmittelwirtschaft, dem rund 500 Verbände und Unternehmen der gesamten Lebensmittelkette angehören – von Industrie, Handel und Handwerk über Landwirtschaft bis hin zu angrenzenden Gebieten.

Zu den BLL-Mitgliedern zählen auch die Konzerne Coca-Cola, Unilever, Mondelez und Nestlé, die mit ihren Produkten für den "Goldenen Windbeutel 2014" nominiert sind. Laut Minhoff lassen die diesjährigen Nominierungen "mangelnden Einfallsreichtum" bei Foodwatch erkennen. "Denn es handelt sich um einzelne enttäuschte Verbrauchererwartungen, die auch bereits vor Monaten im Portal Lebensmittelklarheit des Verbraucherzentrale Bundesverbands besprochen wurden." Was Foodwatch an den jeweiligen Produkten beanstandet, können Interessierte auf der Website www.goldener-windbeutel.de lesen. Dort sowie auf Facebook (www.facebook.com/foodwatch) wird auch die diesjährige Online-Wahl zum Negativpreis abgehalten. 2013 hatten sich knapp 120.000 Verbraucher an der Abstimmung beteiligt. Empfänger des Negativpreises waren in der Vergangenheit Capri Sonne/SiSi Werke (2013), Hipp (2012), Ferrero (2011), Zott (2010) und Danone (2009).

Foodwatch, 2002 vom ehemaligen Greenpeace-Aktivisten Thilo Bode (siehe Foto links, Quelle: Foodwatch) als gemeinnütziger Verein gegründet, finanziert sich aus den Beiträgen und Spenden von rund 30.000 Förderern und Spendern (Stand: Juni 2014). Die "Essensretter" nehmen kein Geld vom Staat oder von der Lebensmittelindustrie. Zweck des Vereins ist die "Förderung des Verbraucherschutzes durch Verbraucherberatung und –aufklärung". Im Rahmen eines 2012 aufgelegten "15-Punkte-Plans gegen Etikettenschwindel" fordert Foodwatch unter anderem ein "Marketingverbot für unausgewogene Kinderprodukte" (z.B. Süßigkeiten), das grundsätzliche Verbot von "gesundheitsbezogenen Werbeaussagen" sowie "realistische Produkt-Abbildungen" der Lebensmittel auf den Verpackungen.