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ePrivacy: Neuregelung würde Finanz- und Fashionwerbung fast halbieren

Klaus-Peter Schulz (Foto: OMG)
Klaus-Peter Schulz (Foto: OMG)

Mit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und der derzeit im EU-Rat verhandelten Novellierung der ePrivacy-Richtlinie sollen ab Mai für alle 28 EU-Länder die gleichen Datenschutzstandards gelten. Sollte die ePrivacy-Verordnung wie vorgesehen umgesetzt werden, so drohen dem deutschen Werbemarkt für Online Umsatzeinbußen von durchschnittlich 30 Prozent. Dies haben Simulationsrechnungen der Organisation der Mediaagenturen (OMG), Frankfurt, auf Basis realer Mediapläne ergeben. Die Höhe der Budgetverschiebungen unterscheidet sich nach Branchen: So weisen die Analysen für den Finanz- oder Fashionbereich ein Minus von 43 Prozent aus, für den Automobilsektor 38 Prozent und für eCommerce 22 Prozent.

OMG-Geschäftsführer Klaus-Peter Schulz meint, dass Datenschutz von der Digitalwirtschaft in Deutschland sehr ernst genommen werde: "Gerade die Diskussionen des letzten Jahres belegen, dass die Intransparenzen und Fehlentwicklungen dieser noch jungen Disziplin erkannt wurden und derzeit sehr konstruktiv an Lösungen gearbeitet wird." Die OMG begrüße eine EU-übergreifende Regulierung, um dem Missbrauch privater Daten vorzubeugen. "Für die ePrivacy-Verordnung gilt allerdings: Hier ist der gute Wille eines Verbraucherschutzes weit über das Ziel hinausgeschossen.“

Die nun vorliegende Fassung weist nach Auffassung der OMG zwei grundlegende Schwächen auf:

• Das Gesetz basiert auf keiner realistischen Folgenabschätzung – weder für die digitale Wirtschaft, die mit signifikanten Umsatzeinbrüchen rechnen muss, noch für die Nutzer.
• Die Informationsfreiheit der Internetnutzer wird erheblich beschnitten, das freie Surfen im Internet wird in der gelernten Form dann nicht mehr möglich sein.

Dies liegt maßgeblich im Zusammenspiel der in Artikel 8 bis 10 vorgesehenen Anforderungen: Anders als heute muss ein Gerät, das in Betrieb genommen wird, den Nutzer laut OMG zwingend auffordern, im Browser eine Voreinstellung vorzunehmen, welcher Datennutzung er zustimmt. Außerdem soll der Verbraucher für einzelne Seiten einer Cookienutzung ausdrücklich zustimmen können. Veränderungen könne er vor der Internetnutzung dann allerdings nur über die Browsereinstellungen durchführen. Das erfordert mehrere Clicks, deren Abfolge der Nutzer kennen und dann umsetzen muss. Dem aber werden sich wohl nur die wenigsten Nutzer unterwerfen wollen. Branchenschätzungen gehen davon aus, dass nur rund 10 Prozent der Nutzer künftig einer Cookienutzung zustimmen werden, da nur die wenigsten Verbraucher die Konsequenzen ihrer Entscheidung der Voreinstellung vollumfänglich verstehen werden, so die OMG.

Ohne Cookies ist eine zielgerichtete Werbung auf den betroffenen Webseiten ebenso wenig möglich wie auch die Erhebung von Leistungswerten wie etwa Reichweiten. "Damit reduzieren sich die Möglichkeiten, dem Verbraucher relevante Botschaften auszuspielen und ihn nicht mit Werbung nach dem Gießkannenprinzip zu nerven“, so OMG-Geschäftsführer Schulz. Und: "Werbungtreibende Unternehmen werden den Anbietern regelrecht in die Arme getrieben, die über geschlossene Log-In-Systeme diese Relevanz auch künftig anbieten können: Facebook, Google oder etwa Amazon.“

Die "besorgniserregenden" Folgen für den deutschen Markt: Eine Werberefinanzierung vieler Inhalteanbieter wird Infrage gestellt, die Vielfalt der Anbieter und Inhalte dadurch abnehmen.

Um dies zu verhindern, fordert die OMG eine Anpassung der ePrivacy-Richtlinie:

1. Die mit der Datenschutzgrundverordnung vorgenommene Interessensabwägung und Möglichkeit der impliziten Zustimmung durch den Nutzer muss auch in die Richtlinie übernommen werden, die Artikel 8 bis 10 sind dementsprechend zu streichen oder anzupassen.
2. Dem Verbraucher muss die Möglichkeit gegeben werden, auf Basis einzelner Webseiten flexibel und mit einem Click entscheiden zu können, ob und welche Cookies er akzeptieren will oder nicht.
3. Um das Funktionieren des Werbemarktes auch weiterhin sicherzustellen, müssen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erhebung von Leistungsdaten sowie zur Umsetzung medienübergreifender Kampagnen geschaffen werden.

Schulz sagt: "Der Werbemarkt befindet sich derzeit in einer neuen Evolutionsphase, über den Einsatz von künstlicher Intelligenz wird die Aussteuerung von Werbung für die Nutzer noch relevanter und damit weniger störend werden, die ärgerlichen Missstände der Anfangsjahre wie übertriebenes Retargeting sind klar erkannt. All dies wird durch die drohende Überregulierung gefährdet. Die Folgen eines de-facto umfassenden Trackingverbots wären verheerend: Die Nutzer werden wieder von einer Flut unrelevanter Werbebotschaften genervt, die Anbieter werden vor großen Refinanzierungsproblemen stehen und das Internet droht seine wichtigsten Errungenschaften zu verlieren: den freien Zugang zu Information und die Vielfalt der Inhalte.“