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Der Store der Zukunft: Kosmetik in der Klimazone


Interaktive Bewegtbild-Displays, VR/AR oder multisensorische Elemente sorgen für neue Kauferlebnisse (Foto: MoodMedia)

Der Siegeszug des E-Commerce setzt den stationären Einzelhandel unter Druck. Er setzt damit aber auch neue Energien und Ideen frei. Weltweit entstehen innovative und überraschende Store-Konzepte mit unterschiedlichsten Customer-Experience-Angeboten, die auch als neue Blaupausen für deutsche Marken und Shops gelten können.
Von Heike Fortmann-Weyers, Mood Media


Nach rund zwanzig Monaten intensiver Vorbereitungszeit wagte sich der zur Otto-Group gehörende Online-Shop bonprix erstmals aus der Deckung. Im Oktober vor einem Jahr präsentierte das Modeunternehmen Details zu seinem neuartigen Store-Konzept, das für die Toplage der Hamburger Mönckebergstraße geplant war. Unter dem Motto "Fashion-Connect" wolle man die Kundinnen komplett App-assistiert durch alle Stationen ihres Store-Besuchs führen, sagte damals der bonprix-Geschäftsführer Rien Jansen. Gleichzeitig diene der Flagship-Store nicht nur als Markenflaggschiff, sondern auch als experimentelles Shopping-Lab, in dem immer wieder Innovationen getestet würden.

Inzwischen wurde der bonprix-Store eröffnet und Deutschland ist um ein zukunftsweisendes Shoppingkonzept reicher. Der Laden fügt sich ein in eine Reihe digital vernetzter, innovativ gestalteter Stores, die mit dem Einkaufserlebnis früherer Tage nicht mehr viel gemeinsam haben. Um sich dieser Entwicklung bewusst zu werden, braucht man nur an den Anfang der Nuller Jahre zurückzublicken: Damals, im Jahr 2004, wurde bekannt, in welchen wirtschaftlichen Schwierigkeiten sich die Karstadt Warenhaus AG befand – der Anfang einer bis heute unruhigen Entwicklung. Als Ursache dafür ist einerseits die zunehmende Nachfrage im E-Commerce zu sehen, viele Bundesbürger entdeckten mehr und mehr den Online-Handel. Andererseits aber machte sich auch eine andere Entwicklung bemerkbar, die bis heute zu einer perfektionierten Online-Shopping-Landschaft geführt hat: Das große Sortiment eines Kaufhauses ist kein unschlagbares Argument mehr. Denn jeder kann jedes Produkt in jeder Ausführung sofort bestellen und wenn er zum Beispiel Amazon-Prime-Kunde ist, wird ihm vieles davon noch am selben Tag geliefert.
Ist deshalb der stationäre Handel am Ende? Das muss nicht sein. International, aber auch in Deutschland, gibt es erfolgreiche Gegenbeispiele, wie eben der beschriebene Fashion-Connect-Store von bonprix. Shops, die es mit mutigen, innovativen Konzepten geschafft haben, wieder mehr Menschen vor Ort in ihre Läden zu locken, Marken neu zu inszenieren und die Brücke zum E-Commerce zu schlagen.

VR-Brille bringt Outdoor-Experience an den POS
Diese Suche führt weltweit zu unterschiedlichen Experimenten. Sie führte beispielsweise den Sportartikelhändler Decathlon zur Virtual Reality. Die Handelskette, die in 28 Ländern rund 1.000 Filialen betreibt, stand vor dem Problem, auf einer begrenzten Verkaufsfläche ihren Kunden ein schier überbordendes Angebot verschiedener Zelte anbieten zu wollen. Mehr als ein Dutzend Zelte konnten im Shop nicht aufgestellt werden – zu wenig Raum, um der Bandbreite an Stangen-und Wurfzelten, aufblasbaren Zelten, Camping-, Familien, Trecking- oder Schutzzelten gerecht zu werden. Die Lösung: Derzeit führt Decathlon in sieben Ländern und über dreißig Stores ein Pilotprojekt durch, unter anderem in der Filiale am Alexanderplatz in Berlin. Dort wird den Kunden ein virtueller Spaziergang durch das Zelt-Sortiment ermöglicht. Mit einer VR-Brille kann man sich auf einer Fläche von neun Quadratmetern völlig frei um das 3D-Modell seines ausgewählten Zelts bewegen. Sogar die Umgebung – Gebirge, Wald oder Wüste – kann man auswählen, selbst Witterungsverhältnisse lassen sich simulieren. Mit einem weiteren Klick kann der Kunde seinen Kopf in die virtuelle Behausung stecken und sich dort umsehen. Man wolle den Kunden damit nicht nur einen weiteren Service bieten, so die Verantwortlichen, sondern auch technische Innovationen in das Einkaufserlebnis mit einbeziehen.

Flagshipstores werden zur Sehenswürdigkeit
New York, Paris, Hamburg oder Berlin – im Grunde gehört es zu einem gelungenen Stadtmarketing, in seiner Metropole einige innovativ herausragende Stores vorzeigen zu können. Im Media Markt in Eindhoven, Niederlande, können die Besucher beispielsweise eine Drohne fliegen lassen, Gerichte kochen oder mit jungen Gründern von Start-ups sprechen, die dort ihre neuesten Ideen vorstellen. In London eröffnete soeben Microsoft einen Flagship-Store, der mit seiner optischen Opulenz und seiner Angebotsvielfalt andere Stores des Software-Riesen bei weitem übertrifft. Auf drei Etagen wird alles präsentiert, was Microsoft zu bieten hat: Surface-Geräte, HoloLens-Headsets, es gibt eine geräumige Xbox-Gaming-Lounge und sogar einen echten McLaren Senna-Boliden, der mit dem Rennvideospiel Forza gekoppelt ist.

Das jüngste Beispiel für eine gelungene Customer Experience am Point-of-Sale realisierte die Marke Nissan zusammen mit Mood Media: Im Sommer 2019 eröffnete der Automobilhersteller seinen ersten "City Hub" Flagship. Der Store im Einkaufszentrum Velizy 2 in Paris belegt damit auch den Trend, dass Autobauer zunehmend ihre Präsentationsflächen in Shopping Malls verlegen. Highlight des Stores: interaktive Screens mit Call-to-Action-Inhalten, die Kunden dazu einladen, die Marke so zu erleben, wie sie es möchten – im eigenen Tempo und in der Tiefe, die sie individuell für richtig halten. Eine LED-Installation erstreckt sich von der Wand über die Decke. Dieser überdimensionale LED-Screen zeigt futuristische und elegante Animationen, die Kunden in den Laden locken. Mitarbeiter beraten mit Tablets auf der Verkaufsfläche und ergänzen so das Markenerlebnis mit personalisierten Serviceangeboten.

Lego baut in Shanghai die Stadt der Zukunft
Natürlich lohnt sich auch ein Blick nach Asien. Die koreanische Öko-Kosmetikmarke Innisfree präsentiert in Ho-Chi-Min ihre Produkte in einem Pop-Up-Store, der unterschiedliche Klimazonen berücksichtigt. So kann die Kundin genau testen, ob das von ihr gewählte Beauty-Präparat auch der Hitze und hohen Feuchtigkeit entspricht, in dem es zur Anwendung kommt. Und Lego, der größte Spielzeughersteller der Welt, eröffnete im September vor einem Jahr in Shanghai einen Store, mit dem er ebenfalls Benchmarks setzte: Auf über 600 Quadratmetern können sich die Kunden aktiv mit den Herausforderungen einer Stadt der Zukunft auseinandersetzen. Sie können mit Tausenden von Lego-Steinen ihre eigenen Ideen und Kreationen entwickeln, gemeinsam mit anderen an urbanen Lösungsvorschlägen arbeiten und sich im interaktiven Bereich mit energetischen Herausforderungen befassen. Für zu Hause gibt es dann noch ein Porträt aus Legosteinen.

Wer nicht so weit reisen will, um zu sehen, mit welchen Konzepten die ganz großen Marken ihren Kunden ein reelles Markenerlebnis bieten, kann sich auch in Berlin umsehen. Dort wartet Lego in seinem Flagship-Store mit immer neuen Überraschungen auf: Schon zu seiner Eröffnung im Sommer 2017 konnten Kunden an der größten "Pick & Build"-Wand Lego-Steine in verschiedenen Größen und Farben auswählen und anschließend ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Und am Minifigure-Me-Scanner kann jeder Besucher auf einem digitalen Screen ausprobieren, wie er als Lego Minifigur aussehen würde. Eine großartige Idee mit viralem Effekt: Über Social-Media werden solche Bilder liebend gerne geteilt.

All diese Beispiele zeigen: Wer jetzt seinen Store und seine Marke am Point-of-Sale digital vernetzt, Duft, Klang und emotional unterstützende Visuals oder Events zum festen Bestandteil seiner Verkaufsfläche macht, braucht die Zukunft und den Konkurrenten E-Commerce nicht zu fürchten.




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(is) 06.12.2019


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