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Geodaten - wie hier in einer Kampagne von Planus Media, die E-Bike-Werbemotive zielsicher in den Hanglagen der schwäbischen Alp platziert - erhöhen die Relevanz (Bild: Planus Media)

Geodaten - wie hier in einer Kampagne von Planus Media, die E-Bike-Werbemotive zielsicher in den Hanglagen der schwäbischen Alp platziert - erhöhen die Relevanz (Bild: Planus Media)

Punktlandungen mit Potenzial: Wie Media-Spezialisten das Wachstumsfeld GeoIntelligence beackern

Null Streuverluste – maximale Relevanz: Das ist das Versprechen von GeoIntelligence, und an vielen Stellen wird es bereits mit spannenden Projekten in die Realität umgesetzt. Doch viele Daten bedeuten auch hohe Komplexität.
Über Chancen und Herausforderungen im datengesteuerten Regionalmarketing sprach new business mit Wolfgang Nägele, bei der Agenturgruppe Pilot Leiter der Unit Geomarketing am Standort Nürnberg, Kim Weinand, Patrick Becker und Werner Orth aus der Moccamedia Gruppe, Trier, und Dominic Schäfer, Leiter des Geomarketing-Teams in der Kölner Agentur Planus Media (v.l.).

(Fotos: Pilot, Moccamedia, Planus Media)

nb: Herr Nägele, vor knapp einem Jahr haben Sie in Nürnberg für Pilot die neue Geomarketing-Unit an den Start gebracht. Wie hat sich das Geschäft seither entwickelt?
Wolfgang Nägele: Wir haben das Büro in Nürnberg am 1. Dezember 2017 eröffnet und seitdem geht es Schlag auf Schlag – quasi von Null auf 100 Millionen Euro. Wir haben den Media-Etat eines bedeutenden Handelskunden gewonnen, der einer der größten Tageszeitungskunden in Deutschland ist. Darüber hinaus konnten wir zwei Handelsunternehmen aus dem Fashion-Bereich für unsere Arbeit im medienübergreifenden Geomarketing begeistern und bieten bereits einigen langjährigen Kunden der Pilot Agenturgruppe eine neue Perspektive durch regional ausgerichtete Mediastrategien. Die hohe Nachfrage nach unserem geostrategischen Know-how resultiert auch daher, dass die meisten Mediaagenturen diesen Bereich noch nicht ausreichend besetzen. Vor allem die einzigartige Verbindung zwischen klassischem Regionalmarketing und digitaler Expertise bei Pilot ist ein Ansatzpunkt, der unsere Kunden begeistert.

nb: Regionales Marketing mit den neuen, präzisen Geomarketing-Möglichkeiten war letztes Jahr ein Hype-Thema. Jetzt ist es ruhiger geworden. Weil es gut läuft – oder weil allein die großen Datenmengen in der Praxis doch schwieriger zu managen sind, als erwartet? Wie weit sind Agenturen und Unternehmen in der Praxis?
Dominic Schäfer: Ich würde behaupten, Agenturen und Unternehmen sind nach der, wie Sie sagen, etwas 'lauteren' Orientierungsphase in eine 'ruhigere' Arbeitsphase eingetreten. Die Agenturen haben sich in letzter Zeit sehr stark mit den technischen Möglichkeiten einer möglichst kleinräumigen und passgenauen Aussteuerung von Medialeistung beschäftigt. Man war und ist regelrecht berauschst von den sich bietenden Möglichkeiten und potenziellen Anwendungsfällen. Nun klingen manche Dinge erst einmal einfacher, als sie dann tatsächlich sind. In der Umsetzung ergeben sich dann mitunter Problemstellungen, die man vorher vielleicht nicht bedacht hat oder auch nicht erahnen konnte. Und diese werden nun abgearbeitet. In Zusammenarbeit mit Kunden und Dienstleistern.

Kim Weinand: Geomarketing gehört bei vielen Kampagnen und in allen Mediaagenturen bereits zum Standard, doch oftmals wird gutes Geomarketing nur im Online-Bereich angewendet. Hier steht eine Vielzahl an leicht verfügbaren Daten bereit, die Mediaagenturen gut nutzen können. Aber Geomarketing ist viel mehr als nur eine Online-Kampagne. Seit nunmehr 30 Jahren haben wir uns von Moccamedia auf regionale, abverkaufsorientierte Mediaplanung spezialisiert. Das bedeutet: Unser Kerngeschäft ist, den Werbedruck gezielt in die einzelnen Verkaufsgebiete zu lenken. Gutes Online-Marketing kann daher bei jeder Kampagne nur ein Teil der gesamten Strategie ausmachen. Bei Moccamedia steuern wir alle Mediakanäle nach Geotargeting-Gesichtspunkten aus und schaffen crossmediale Vernetzungen.

nb: Mit welchen Aufgabenstellungen oder Wünschen treten denn die Kunden im Regionalmarketing an Sie heran?
Nägele: Wir sind mit dem Ziel angetreten, unseren Kunden im Bereich Geomarketing eine umfassende Beratung und einen messbaren Mehrwert zu bieten – von der geostrategischen Analyse bis zum Kundendialog in der Filiale. Dabei ist etwa die Optimierung von Prospektverteilungen oder ein digitales Geofencing rund um die Filiale längst noch nicht das, was wir unter Geomarketing verstehen. Vielmehr unterstützen wir unsere Kunden bei Expansions- und Wettbewerbsanalysen und ermitteln über geostrategische Gravitationsanalysen die richtigen Einzugsgebiete und Medien für Off- und Online-Kommunikation. Darüber hinaus arbeiten wir sehr eng mit unseren Kollegen von Pilot Screentime zusammen, die unter dem Schlagwort Digital Signage neue Möglichkeiten entwickeln, wirkungsvolle Kommunikation für unsere Kunden im eigenen Geschäft stattfinden zu lassen – denn für uns endet die Customer Journey nicht an der Ladentür. Eine der häufigsten Fragen unserer Kunden ist, wie die Koordination vieler Standorte und der lokal ausgerichtete Planungsprozess vereinfacht werden können. Mit unserem eigenen entwickelten Tool 'geoPilot' – mit dem wir alle Zielgruppen und Typologien der 'Geo b4p', aber auch anonymisierte Kundendaten kleinsträumig abbilden können – sind wir in der Lage, wirklich alle lokalen Mediagattungen zu planen. Schnittstellen zu den gängigen Planungstools wie GTI oder RadioXpert vereinfachen die einzelnen Planungsschritte und erleichtern Beratern wie Kunden die Übersicht und Vergleichbarkeit aller Maßnahmen.

nb: Was können Geodaten für die Wirksamkeit und für die Wirtschaftlichkeit von Werbung tun?
Schäfer: Kunden müssen ihre Budgets immer gezielter und damit effizienter einsetzen. Neben der monetären Dimension rücken auf Kundenseite die räumliche und die thematische Dimension immer weiter in den Fokus. Dabei spielt der Einsatz von GeoIntelligence eine zentrale Rolle. Kunden, die seit Jahren nationale TV-Kampagnen umsetzen, fragen sich, wie viel Medialeistung der einzelne POS abbekommt. GeoIntelligence liefert hier den Methodenbaukasten, um über den gesamten Mediamix hinweg die Leistung im POS-Netz zu bewerten. Dabei kann die Bandbreite der Fragestellungen auf regionaler Ebene von der Zusammensetzung des optimalen Mediamix, über den optimalen Zuschnitt des Verteilgebietes des Handzettels zu der möglichst idealen Beschilderung der Zuwegung zum POS reichen. Mobilitätsdaten der Mobilfunkanbieter oder aggregierte Bid-Request Daten liefern zudem sehr genaue Analysen über die gewählten Wege hin zum POS.

Werner Orth: Die Aufgabenstellungen unserer Kunden sind sehr vielschichtig: Bei national agierenden Kunden spielen wir Werbung so aus, dass wir den Werbedruck gezielt in vordefinierte Verkaufsgebiete lenken, um hier den Abverkauf anzukurbeln. Der zweite Aspekt neben der Konzentration auf die Verkaufsgebiete ist die Fokussierung auf geografisch eingrenzbare Zielgruppenpotentiale, zum Beispiel Strom- oder Gaskunden mit erhöhter Wechselbereitschaft bezüglich des Anbieters. Eine deutliche Unterscheidung gegenüber nationalen Kunden, die eine national einheitliche Strategie fahren würden. Wir jedoch lenken den gesamten Werbedruck ausschließlich dorthin, wo wir wechselwillige Konsumenten ausmachen können.

nb: Speziell für den Handel ist regionales Marketing seit jeher ein zentrales Thema. Welchen Mehrwert bringen hier neue Technologien bzw. digitale Kanäle?
Nägele: Sicherlich sind die digitalen Kanäle auch für den stationären Handel inzwischen fester Bestandteil der Mediaplanung und die rasante Entwicklung neuer Ansatzpunkte zur Verknüpfung von digitaler und analoger Welt ist ein überaus spannendes Thema. Dabei muss jedoch auch bedacht werden, dass sich der Wirkungsbeitrag vieler neuer Angebote häufig im homöopathischen Bereich abspielt. Für den Handel ist daher noch immer der klassische Prospekt das Basismedium. Eine Herausforderung ist hierbei die Beantwortung der Frage, wie der Prospekt bzw. digitale Angebote bei immer höheren Verweigerungsquoten auch in Zukunft noch in den Briefkasten bzw. zum Verbraucher gelangen. Hier spielen die digitalen Kanäle und die Verknüpfung verschiedener Touchpoints eine zentrale Rolle.

nb: Herr Schäfer, von Ihnen stammt der Satz, dass es beim Geomarkting derzeit noch mehr Stolpersteine gäbe als am Rheinufer. Welches sind die größten?
Schäfer: In unserem heutigen Arbeitsalltag, aber auch im privaten Umfeld, sind wir mit einer ständig zunehmenden Zahl an Datenquellen und damit einer wachsenden Flut von Daten konfrontiert. Die Hülle und Fülle an Daten können einem dabei schnell die Sinne vernebeln und damit die Sicht auf konkrete Zusammenhänge erschweren. Oftmals werden aber durch die falsche Anwendung statistischer Methoden oder voreiliger Interpretation monokausale Zusammenhänge abgeleitet, die nicht existieren. Statistisch gesehen besteht auch ein Zusammenhang zwischen dem Vorkommen von Störchen und der Geburtenraten. Ein weiterer Stolperstein ist in einer Entwicklung zu sehen, die in den Mediaagenturen schon länger anhält: Es gibt immer weniger Mediaplaner, die einen möglichst gesamtheitlichen Blick auf die Mediengattungen haben und diese auch strategisch bewerten und planen können. Ein erfolgreiches Regionalmarketing sollte aber gattungsunabhängig aus einer Hand kommen. Stolpersteine bestehen aber auch auf Seiten der Medienpartner. So verarbeiten und analysieren wir immer feinräumigere und detaillierte Daten. Aber dieser Detailgrad nützt mir häufig nicht viel, wenn ich mich zum Beispiel bei der Planung eines Handzettelverteilgebietes an die teilweise grobräumige Verteilstruktur des Verlages orientieren muss. Hier geht mir also zuvor gewonnene Detailtiefe wieder verloren.

nb: Welche Hürden müssen noch genommen werden?
Weinand: Eine Herausforderung: Programmatic Creativity. Hier geht es darum, nicht nur die Touchpoints im passenden Kontext zu setzen, sondern auch die Inhalte anzupassen und in Echtzeit zu optimieren. Das umfasst sehr viel mehr als nur die userbezogene Ausspielung von Kampagnen. Dazu gehört die Verknüpfung von User-Daten mit weiteren Targeting-Kriterien wie dem Standort des Users, um die Werbemittel in Echtzeit durch dynamische Prozesse zu individualisieren und zum Beispiel den nächstgelegenen Store zu benennen. Der Kreativität und den Verknüpfungsmöglichkeiten sind kaum Grenzen gesetzt. Mit Nutzung von Big Data können wir in Echtzeit ganze Kampagnen aktualisieren und individualisieren. Ging es gerade noch um ein Sportcoupé, das dem User ausgespielt wurde, könnte sich das durch die Nutzung von Live-Wetterdaten ändern, sodass bei Sonnenschein das Cabrio des Herstellers beworben wird. Für einen kreativen, aufmerksamkeitsstarken Einsatz von Programmatic-Kampagnen ist aber eine gute Zusammenarbeit von Media- und Kreativagentur gefragt. Mediaagenturen müssen Kunden und Kreativagentur beratend zur Seite stehen, denn Programmatic Creativity muss im Vorfeld gut durchdacht sein. Nur so kann die Kreativagentur die passenden Inhalte produzieren und die Mediaagentur die Kampagne individualisieren.

(Die Fragen stellte Ilka Schwabedissen)

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