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ADC Präsident Dr. Stephan Vogel: "Deutsche Kreation hat Weltniveau. Punkt."

ADC-Präsident Dr. Stephan Vogel (Foto: Ogilvy)
ADC-Präsident Dr. Stephan Vogel (Foto: Ogilvy)

Der ADC-Jahrgang 2014 war ein besonders guter. Für das vergleichsweise schlechte Abschneiden Deutschlands beim letzten Cannes Festival gibt es fünf Gründe. Gastbeitrag von ADC-Präsident Dr. Stephan Vogel

Es gibt in Deutschland etwa ein Dutzend Agenturen, die über Jahre immer wieder internationale kreative Spitzenleistung bringen. Deshalb ist Deutschland bei den großen internationalen Awardshows wie Cannes, D&AD und LIAA mittlerweile regelmäßig unter den Top 5 Nationen. Auch gehen regelmäßig Grand Prix nach Deutschland. Das war vor zehn Jahren noch nicht der Fall. Und das, obwohl Deutschland international ein fünffaches Handicap hat.

Sprachbarrieren, Budgets und andere Gründe

Erstens sind wir keine english native speaker. All unsere Filme und Arbeiten müssen synchronisiert oder untertitelt werden. Das nimmt Unmittelbarkeit und emotionalen Ausdruck. Und das macht es gerade text- und dialogstarken Arbeiten international schwer. Wie zum Beispiel der großartigen i Demo von Scholz & Friends, einer der großen Gewinner beim ADC 2014.

Zweitens haben wir oft Spitzenkreation bei Marken, die international kaum einer kennt. Hornbach ist ein klassisches Beispiel hierfür. Das führt dazu, dass in den entscheidenden Sekunden der digitalen Jurierung der 'yes'-Button nicht gedrückt wird, weil nicht eine bekannte Marke wie Coca Cola, Nike oder IBM am Ende eines Spots für absolute Klarheit sorgen, worum es der Marke geht.

Drittens haben wir in Deutschland nicht die großen globalen Produktionsbudgets. Wenn Nike einen globalen Spot produziert, dann kann der schon mal drei, fünf oder sieben Mio. Dollar kosten. Plus die Buyouts für mehrere Superstars. Das rechnet sich aber dennoch, da dieser Spot weltweit eingesetzt wird, in dutzenden Ländern. Aus Deutschland heraus werden kaum große Marken global betreut. Die Produktionsbudgets für Shootings oder Plattformen sind entsprechend kleiner. Auch wenn die Idee natürlich im Vordergrund steht; international braucht man exekutionellen Wahnsinn, um in die Medaillenränge zu kommen – vor allem beim Film. Wie Tony Kaye so schön sagt: "Money ist the energy".

Viertens pflegen wir in Deutschland einen Diskurs, der Arbeiten für Soziale Einrichtungen kreativ ächtet. Wer seine Medaillen und Punkte mit 'Socials' verdient, kriegt weit weniger Anerkennung als der, der sie auf den betreuten Marken verdient. Fakt ist aber, dass gerade in internationalen Wettbewerben wie Cannes überproportional Arbeiten siegen, die aus der Kategorie 'public service messages' kommen. Deshalb war beim letzten Cannes Festival der 'Social Swipe' von Misereor der einzige große Abräumer mit sieben Löwen. Oder die aktuelle Arbeit 'Nazis gegen Nazis' beim D&AD mit fünf Pencils.

Fünftens ist es ein offenes Geheimnis, dass deutsche Juroren gegen andere deutsche Arbeiten in den Jurys voten oder bei der finalen Medaillenvergabe gegen diese argumentieren. Deshalb haben schon viele deutsche Arbeiten ihre verdienten Löwen und Pencils nicht bekommen. Ein Grund hierfür ist die übertriebene Bedeutung der Kreativrankings hierzulande.
Nach meiner Einschätzung sind die Punkte vier und fünf der Grund für das schlechte Abschneiden Deutschlands beim letzten Cannes Festival.

Ich habe schon in meiner Wahlrede 2014 die ADC-Mitglieder aufgefordert, die Arbeiten und Projekte der anderen mehr zu respektieren. Wenn wir hier einen Kodex erreichen, die gezielte Attacke anderer deutscher Arbeiten in internationalen Jurys zu unterlassen, würden wir als Kreativnation besser abschneiden. Wir haben es – siehe die Punkte eins bis vier – ohnehin schwer genug.

Technologische Intelligenz und Spielfreude

Deutsche Agenturen haben sich einen internationalen Ruf erarbeitet. Das sieht man auch auf dem Personalmarkt. Es gibt immer mehr internationale Talente, die sich hier in Deutschland bewerben. Bei designorientierten Agenturen zum Beispiel sind das oft Art Directors aus Asien, die unsere international ausgezeichneten Arbeiten kennen. Und umgekehrt: Agenturmarken wie Jung von Matt, Heimat und thjnk hätten es bei der Gründung eines Auslandsbüros leicht, mit Topkreativen ins Gespräch zu kommen. Was deutsche Arbeiten der letzten Jahre auszeichnet, ist die technologische Intelligenz und Spielfreude.


Den kompletten Gastbeitrag von ADC-Präsident Dr. Stephan Vogel, der im Hauptberuf als Chief Creative Officer bei Ogilvy & Mather Advertising Deutschland zeichnet, lesen 'new business'-Abonnenten im aktuellen Heft (ET: 18.5.2015). Dieser erscheint im Rahmen des 'new business'-Specials zum ADC Festival, das in dieser Woche in Hamburg abgehalten wird.