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Unser Gastautor Michael Schröder (Foto: Orca)

Unser Gastautor Michael Schröder (Foto: Orca)

Orca-Chef Michael Schröder über Kostenlos-Pitches: "willenlose, knetbare Agenturen"

Michael Schröder, Geschäftsführer der Berliner Agentur Orca Affairs, hat in unserer aktuellen Ausgabe ein Plädoyer zu Papier gebracht, für Pitches nicht kostenlos Konzepte zu erstellen und obendrein Nutzungsrechte an den eingereichten Ideen dem potenziellen Auftraggeber zu überlassen. Es folgt ein Auszug aus seinem Gastartikel, den er exklusiv für 'new business' (Bestellung hier) geschrieben hat:

"Die Diskussion zum Thema 'Kostenlose Pitches – teilnehmen oder nicht?' ist so lang wie die Existenz der kostenlosen Pitches an sich. Allein die Argumente dagegen sind kurz und knapp, denn spricht man mit Agenturkollegen egal welchen Alters oder welcher Agenturgröße, alle sind dagegen. Nur tiefergehend sollte man weder nachfragen noch diskutieren, denn alle, fast alle machen mit. Also ist so. Kann man sich aufregen, aber ändern wird sich nichts.

Aber was vor zwei Wochen auf meinem Schreibtisch gelandet ist, ist der Gipfel und zwingt mich zu diesen Zeilen: die aktuelle öffentliche Ausschreibung einer 'Standortmarketingkampagne' des Regionalverbandes Ruhr (RVR). Dem umfassenden Teilnahmeantrag folgte die Aufforderung zur Angebotsabgabe im Vergabeverfahren an eine begrenzte Anzahl von Agenturen (Annahme: fünf bis acht Agenturen) – auch an Orca. In dieser Aufforderung winkt der RVR mit der Möhre, dass die Agenturen, die dann in der dritten Phase zur Präsentation eingeladen werden, 15.000 Euro erhalten. Nur, diese Möhre zu erhaschen heißt, ein Konzept bestehend aus 16 Bestandteilen (Zitat: "Das Konzept darf insgesamt ohne Anlagen einen Umfang von 120 Seiten A4 nicht überschreiten") einzureichen.

Gründe, bei einem kostenlosen Pitch mitzumachen, gibt es viele – tolles Thema, toller Kunde, eine Agentur muss pitchen, wirtschaftlich sind wir gezwungen usw. – doch darf all dies niemals dazu führen, dass wir als Branche erpressbar werden. Kein Anwalt, kein Wirtschaftsprüfer oder Architekt lässt sich von potentiellen Kunden dermaßen umfassend und zudem unbezahlt auf den Prüfstand stellen, bevor er dann den Auftrag erhält.

Und leider bekommt man zur Zeit wieder den Eindruck, dass die Anzahl unbezahlter Pitches und öffentlicher Ausschreibungen steigend ist, wo konzeptionelle Leistungen entweder bereits in Phase 1 'Teilnahmeantrag' oder in Phase 2 'Aufforderung zum Angebot' kostenlos gefordert werden. Mein Eindruck ist leider, dass dies auch mit willenlosen, knetbaren Agenturen zusammenhängt, die über den Kopf ihrer Mitarbeiter zu allem bereit zu sein scheinen."