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Studie: Wahlplakate haben nur geringen Einfluss auf Wähler

Welche Wirkungen haben Plakate auf Wähler? Diese Frage stellte sich die Universität Hohenheim, die sich in den kommenden Wochen mit den Wahlkampf beschäftigen wird. Das Hauptinteresse der Forscher gilt der Frage, wie Parteien, Kandidaten und Wähler im Wahlkampf zusammenspielen. "Konkret untersuchen wir, wie die Parteien kommunizieren und was davon bei den Wählern tatsächlich ankommt", erklärt Prof. Dr. Frank Brettschneider, Leiter des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim.

Wahlplakate: Bilder sind wichtiger als Texte

Sieben Wochen vor der Wahl wird der Wahlkampf zum ersten Mal so richtig sichtbar: Die Parteien haben ihre Plakate vorgestellt und auch schon mit der Plakatierung begonnen. Sowohl "Kopfplakate" mit dem Konterfei der Kandidaten als auch Themen- und Textplakate machen darauf aufmerksam, dass die Wahl näher rückt. Aber wirken diese Plakate auch?

"Wir kombinieren Befragungen von Wählerinnen und Wählern mit Blickaufzeichnungen, dem sogenannten Eyetracking. Dabei wird millisekundengenau der Blickverlauf beim Betrachten von Wahlplakaten festgehalten", sagt Brettschneider. "So kann man sagen, welche Personengruppen wie lange wohin geschaut haben. Das lässt Schlüsse auf die Wirkung der Plakate zu. Außerdem lassen wir sie von Probanden bewerten."

"Es gibt ganz unterschiedliche Wirkungen von Wahlplakaten“, erklärt Brettschneider weiter. "Zunächst einmal machen sie darauf aufmerksam, dass der Wahlkampf begonnen hat. Sie haben also eine Signalfunktion."

Weiter unterscheiden die Forscher verschiedene Typen von Wahlplakaten: "Auf den reinen 'Kopfplakaten' ist ein Kandidat bzw. eine Kandidatin aus dem Wahlkreis abgebildet, meist versehen mit dem Namen, dem Parteilogo und einem Slogan", so Brettschneider. "Unsere Untersuchungen zeigen, dass diese Plakate kaum wirken. Sie machen die Kandidaten und Kandidatinnen zwar etwas bekannter, doch viele Menschen sind früher oder später von diesen Plakaten genervt."

Slogans der Spitzenkandidaten kommen an

Anders sei dies bei den Plakaten der Spitzenkandidaten. Auf deren "Kopfplakaten" werde in der Regel ein Thema oder eine besondere Eigenschaft (Verlässlichkeit, Führungsstärke etc.) angesprochen. Durch die Verbindung eines Themas mit einem Spitzenkandidaten könnten diese Plakate größere Wirkung entfalten, so der Wahlkampf-Forscher.

Angela Merkels Plakat mit dem Slogan "Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben." soll das Erreichte hervorheben und an die gute Wirtschaftslage Deutschlands anknüpfen. Sie setzt auf Vertrautes und auf Verlässlichkeit. Das Plakat von Martin Schulz mit dem Slogan "Die Zukunft braucht Ideen. Und einen, der sie durchsetzt." zielt auf Wandel und auf vermeintliche Leadership-Qualitäten des SPD-Kandidaten ab.

Wahlplakate haben kaum Einfluss

Bei der dritten Kategorie handelt es sich um reine Themenplakate, insbesondere zu den Bereichen Wirtschaft, Umwelt und Soziales. "Parteien können damit die Aufmerksamkeit der Menschen auf ihre Kernthemen lenken. Dafür darf das Plakat aber nicht überfrachtet sein. Am besten eignet sich die Kombination aus einem Foto, das die Aufmerksamkeit auf sich zieht, und einem passenden Slogan. Reine Textplakate hingegen wirken gar nicht – oder sogar abstoßend", so Prof. Dr. Brettschneider.

Generell zeigen die Forschungsergebnisse, dass Wahlplakate kaum Einstellungen der Wähler verändern. Die Hauptfunktion der Plakate besteht aus Sicht der Wissenschaftler darin, die Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen zu lenken. Wahlplakate wirken also vor allem dann, wenn sie relevante Themen ansprechen und wenn sie gut gemacht sind.

"In Zukunft werden Wahlplakate etwas an Bedeutung verlieren. Bei begrenzten finanziellen Mitteln für die Wahlwerbung müssen sich Parteien entscheiden, welchen Mix unterschiedlicher Wahlkampfinstrumente sie einsetzen wollen. Da wird es eine Verschiebung geben: Weg vom Plakat, hin zum Internet. Völlig unwichtig werden Wahlplakate jedoch nie sein – und der Anspruch an ihre Qualität wird wachsen. Gerade bei der Qualität ist noch Luft nach oben", ist sich Brettschneider sicher.