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Max Celko ist Strategic Designer & Dgital Innoveation Lead in Berlin. Er beobachtet unter anderen Phänomene der Hype-Ökonomie. (Foto: Max Celko)

Max Celko ist Strategic Designer & Dgital Innoveation Lead in Berlin. Er beobachtet unter anderen Phänomene der Hype-Ökonomie. (Foto: Max Celko)

Strategy Corner: Die Hype-Ökonomie – wie Produkte zu Memes werden

Ein Beitrag von Max Celko, der als Strategic Designer & Digital Innovation Lead in Berlin arbeitet.


In der digital vernetzten Welt entstehen und verbreiten sich Trends, Hypes und Memes in immer schnellerem Tempo. Für Vermarkter und Influencer im Internet geht es darum, neue Themen und Inhalte zu besetzen, die möglichst viel Aufmerksamkeit generieren. Zu den Trends gehören Memes, die viral gehen und rasch wieder von der Bildfläche verschwinden.

Ziel von Memes ist es, Aufmerksamkeit in geldwerte Vorteile umzuwandeln, etwa durch Werbeverträge oder Produktverkäufe. (Memes: kleine Medieninhalte, die im Internet verbreitet werden, mit einer humoristischen oder gesellschaftskritischen Aussage, Anm. d. Red.). Angetrieben wird diese Entwicklung von der werbungtreibenden Wirtschaft, die verstärkt in Kollaborationen mit Influencern investiert. Das Marktforschungsunternehmen Business Insider Intelligence sagt voraus, dass die globalen Ausgaben für Influencer Marketing bis 2022 einen Wert von 15 Milliarden US-Dollar erreichen werden – eine Zunahme um rund 47 Prozent seit dem Jahr 2019. Zusätzlich fördern auch neue soziale Netzwerke wie TikTok die Verbreitung von Trends und Hypes, denn deren Funktionsweise animiert explizit zum Erstellen und Teilen von Memes.

Auch Produkte werden zu Memes

Diese neue Hype-Ökonomie hat einen tiefgreifenden Einfluss auf Einzelhandel und E-Commerce. Händler sind zunehmend gezwungen, sich an die Logik des Internets anzupassen, die Aufmerksamkeit, Geschwindigkeit und Hype belohnt. Denn Händler konkurrieren heute nicht nur mit anderen Händlern online, sondern auch mit allen digitalen Unterhaltungsangeboten sowie Content von Stars, Influencern und Social-Media-Inhalten. Der Kampf um die Aufmerksamkeit der Nutzer verändert dabei nicht nur, wie Konsumprodukte vermarktet werden, sondern zunehmend auch, wie diese produziert werden. Hype-Potenzial wird immer öfter direkt in die Produkte „eingebaut“. Produkte werden quasi zu physischen Memes, die sich dafür eignen, auf Instagram und anderen sozialen Plattformen geteilt zu werden.

Mode-Industrie setzt auf Hypes

Ein Marktumfeld, das die Hype-Ökonomie besonders gut verkörpert, ist die Fashion Industrie. Seit jeher geht es in der Mode darum, neue ästhetische und gesellschaftliche Themen aufzugreifen und Trends zu setzen. In der Modeproduktion geht es nun immer stärker darum, Designs mit einem möglichst großen Wiedererkennungswert zu entwickeln, die sich leicht als „Memes“ viral vermarkten lassen. Eine wichtige Rolle spielen hierbei die sogenannten "Hypebeasts". Das sind junge, meist männliche Modefans, die immer auf der Suche sind nach dem neusten Mode-Hype sind und bereit, hohe Beträge für exklusive Stücke zu bezahlen.

Die Mode-Industrie splittet sich zusehends in zwei gegensätzliche Pole auf: Das Mittlere Segment verschwindet, Billig-Segment und Luxus-Segment wachsen. Im Billig-Segment dominieren sogenannte Fast Fashion-Marken wie Zara, Bershka oder ASOS. Deren Geschäftskonzept besteht darin, neue Modetrends zu so früh wie möglich zu erkennen, in kürzester Zeit zu kopieren und in den Verkauf zu bringen. Für die Marken im Luxus-Segment ist es überlebenswichtig, den Billig-Marken im Trend-Zyklus immer einen Schritt voraus zu sein, um sich abzugrenzen. Die zentrale Daseinsberechtigung der Luxus-Marken besteht deshalb darin, immer neue Trends zu entwickeln und durch strategische Verknappung und geschicktes Marketing neue Hypes zu generieren.

Diese beiden Pole der Modeindustrie bilden eine Symbiose: Im Luxus-Segment werden mit Hilfe von Influencern kontinuierlich neue Mode-Hypes in die Welt gesetzt, die sich primär an eine kleine Nische von Trendsettern und Hypebeasts richten. Aufgrund künstlicher Verknappung und hoher Preise bleiben die gehypten Kleidungsstücke für die große Masse unzugänglich. Durch die Kopien der Billiganbieter im Fast Fashion-Segment erreichen Hype-Moden schließlich den Massenmarkt. Die kleine Nische der Insider definiert dabei, was cool und begehrenswert ist. Dieser Kreislauf aus Hype-Generierung und Adaption im Massenmarkt dreht sich zunehmend schneller. Damit nimmt auch der Druck für die Marken im Luxus-Segment zu, neue Hypes auszulösen, um in der Zielgruppe der Insider relevant zu bleiben.

Der Triple S geht viral

Wie Modemarken auf Memes setzen, veranschaulicht das Sportschuhmodell "Triple S" von Balenciaga. Dieses Schuhmodell kam im September 2017 auf den Markt und wurde in kürzester Zeit zu einem internationalen Hit. Der "Triple S" Sportschuh zeichnen sich durch eine extrem vergrößerte Sohle aus und wirkt damit wie die Parodie eines Sportschuhs. Zu der übertriebenen Ästhetik des Sneakers passt der horrende Preis von rund 800 Euro. Durch seine markante Form wurde der Schuh zu einem viralen Meme auf Online-Plattformen, und in der Folge wurde die Ästhetik der XXXL-Sohlen zu einem internationalen Mainstream-Trend. Unzählige Marken – vom Billig- bis zum Luxus-Segment – sprangen auf den Trend-Zug auf.

Verantwortlich bei Balenciaga für den "Triple S" Schuh war Demna Gvasalia, der als Erfinder von "Meme Fashion" gilt. Darunter versteht man die Verschmelzung der Meme-Kultur des Internets mit Produktdesign, um maximale Aufmerksamkeit durch extreme Formen und Design-Konzepte zu gewinnen. Unter anderem entwickelte Gvasalia für Balenciaga auch einen überdimensionierten Mantel, bestehend aus sieben Lagen unterschiedlicher Jacken, Stiletto-Schuhe im Crocs-Design, oder eine Luxus-Version der bekannten IKEA-Tasche für 2.000 Euro. In einem Interview zum Thema Meme-Fashion stellte David Fischer, Gründer des bekannten Mode-Blogs Highsnobiety fest: "Bevor heutzutage ein neues Produkt auf den Markt gebracht wird, stehen für eine Modemarkte Fragen im Zentrum wie: Ist es blogbar? Ist es teilbar? Wird es sich auf Facebook und Instagram verbreiten?" Meme-basiertes Produktdesign steht somit für eine neue Art von Markenstrategie, bei der die Kommunikationsleistung auf das Produktdesign ausgelagert wird. Im Zentrum der Produktentwicklung stehen die Faktoren Wiedererkennungswert und Meme-Potential.


Max Celko arbeitet als Strategic Designer & Digital Innovation Lead in Berlin. Er hilft Unternehmen, Consumer Insights & Innovationspotenziale zu identifizieren und neue User Experiences und digitale Produkte & Services zu entwickeln. Davor lebte Max Celko in New York und arbeitete im Bereich Trend Research & Strategic Foresight. Sein Schwerpunkt liegt auf den Bereichen Retail, Mobility und Design Innovation.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der new business Ausgabe 11/ 9. März 2020. Das Heft erhalten Sie hier. Den zweiten Teil des Beitrags lesen Sie in der Ausgabe 12/16. März 2020.