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Regierungsentwurf zum Leistungsschutzrecht verabschiedet – zwiespältiges Echo aus Politik und Wirtschaft

Der Bundestag hat am Freitag den Regierungsentwurf zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage verabschiedet. Während der Großteil der schwarz-gelben Koalition für das Vorhaben stimmte, votierte die Opposition geschlossen dagegen. Mit dem Gesetzentwurf, gegen den der Bundesrat noch Einspruch erheben kann, möchte die Regierung den Schutz von Presseerzeugnissen im Internet sichern und die Stellung der Verleger gegenüber Suchmaschinen verbessern. In der Praxis wird sich allerdings nicht viel ändern: Die üblichen Auszüge aus Presseartikeln ('Snippets') dürfen Suchmaschinen wie Google nämlich weiterhin ohne Lizenz anzeigen. Auch Links, in denen die Überschrift eines Textes mit aufgenommen wurden, fallen nicht unter die Lizenzpflicht nach dem Leistungsschutzrecht. Zur konkreten Länge der ohne Lizenz verwendbaren Passagen macht der Entwurf aber keine genauen Angaben. Und diese Unklarheit sorgt für Unmut bei der Opposition. "Sie begnügen sich mit einem Schlagwort und lassen den Rest die Gerichte klären, doch Probleme kann man nicht an die Rechtssprechung outsourcen", kritisierte Konstantin von Notz von den Grünen laut Deutsche Welle. Die Regierungskoalition habe keinen "blassen Schimmer, was sie mit dem Gesetz anstellt".

Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates der CDU, sagte hingegen: "Der jetzt nach langem Ringen gefundene Kompromiss zum Leistungsschutzrecht ist eine sinnvolle Lösung. Gleichwohl bleibt der Wirtschaftsrat bei seiner Überzeugung, dass die Thematik nicht urheberrechtlich, sondern ordnungspolitisch betrachtet werden muss. Deshalb gehen wir davon aus, dass uns das Thema schon in naher Zukunft wieder beschäftigen wird."

Die Verlegerverbände VDZ und BDZV begrüßten den Beschluss. Damit habe der Bundestag eine Rechtslücke geschlossen. Auch wenn der verabschiedete Text "nicht alle Vorstellungen der Verleger berücksichtigt, ist das neue Leistungsschutzrecht für Presseverlage ein wichtiges Element eines fairen Rechtsrahmens für die digitale Welt", so die Verbände. Weiter erklärten VDZ und BDZV: "Die Verlagshäuser erhalten mit einem eigenen Leistungsschutzrecht ein Recht, das anderen Werkmittlern längst zusteht. Es wird ihnen ermöglichen, selbst zu verfügen, unter welchen Bedingungen ihre Inhalte von Suchmaschinen und Aggregatoren zu gewerblichen Zwecken genutzt werden. Ein automatisches Verwertungsrecht ist mit der beschlossenen Regelung nicht verbunden. Vielmehr steht es den Verlagshäusern frei, die unternehmerische Entscheidung zu treffen, was sie mit Suchmaschinen und Aggregatoren, die die Verlagsinhalte gewerblich nutzen möchten, vereinbaren." 

Unterdessen hat der Hightech-Verband Bitkom das Leistungsschutzrecht erneut scharf kritisiert. "Das Gesetz ist schlicht überflüssig und wird gegen die Empfehlungen der meisten Rechtsexperten durch das Parlament gejagt", sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. Die Regierungskoalition habe sich in dieser Frage leider weitgehend erkenntnisresistent gezeigt. Rohleder: "Die Internetwirtschaft, die Internetnutzer und selbst viele Journalistenverbände lehnen das Leistungsschutzrecht aus guten Gründen ab."

Aus Sicht des Bitkom schafft der kurz vor der Abstimmung geänderte und nun verabschiedete Entwurf weitere Unklarheiten. "Es bleiben viele verfassungsrechtliche und europarechtliche Fragen offen", sagte Rohleder. "Nach den zahlreichen Änderungen ist nun völlig unklar, was mit dem Gesetz überhaupt erreicht werden soll." Selbst bei den Abgeordneten herrsche Uneinigkeit darüber, bis zu welchem Umfang die in Suchmaschinen üblichen Textanrisse ('Snippets') künftig erlaubt sind. "Die Bundesregierung will diese Abwägung nun den Gerichten überlassen und nimmt dafür rechtliche und ökonomische Unsicherheit in Kauf. Rohleder: "Wenn schon der Gesetzgeber die Folgen seines Gesetzes nicht absehen kann, ist jahrelanger Rechtstreit vorprogrammiert."

Der Bitkom lehnt das Leistungsschutzrecht ab, weil die Rechte der Autoren an ihren Texten bereits durch das Urheberrecht umfassend geschützt seien. Das Gesetz führe außerdem zu "unabsehbaren Folgen für viele innovative Online-Dienste". Unklar sei, "worum es sich bei einem Presseerzeugnis genau handelt und wer eigentlich Inhaber des Schutzrechtes ist".