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Ex-WDR-Intendant Fritz Pleitgen fordert mehr Richtungsstreit in den Medien

Fritz Pleitgen, früherer Intendant des WDR
Fritz Pleitgen, früherer Intendant des WDR

Fritz Pleitgen, ehemaliger Intendant des WDR, kritisiert in einem Interview mit dem 'Handelsblatt' den politischen Journalismus in Deutschland: "In vielen wichtigen Fragen beobachte ich eine homogene Berichterstattung. Alle marschieren in eine Richtung, nicht selten im Einklang mit der vorherrschenden Meinung in der Politik." Dies sei "bedenklich". Früher habe es mehr Richtungsstreit gegeben, meint der 81-Jährige, der unter anderem als Auslandskorrespondent in Russland, Ostdeutschland und den USA tätig war.

Pleitgen prangert die heutige Debattenkultur an, die von den sozialen Medien geprägt sei. "Mich besorgt, wie schnell und wirkungsvoll über das Internet bösartig Stimmung gemacht wird. Dies gefährdet den inneren Frieden", sagt er. "Guter Journalismus muss bei Kräften sein, um üblen Attacken wie der Lügenpresse-Kampagne zu widerstehen. Die Meinungsvielfalt darf nicht verlorengehen."

Mit Blick auf die Beitragsdiskussion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks plädiert Pleitgen dafür, wieder stärker über Inhalte zu sprechen. Mit Sparankündigungen allein sei es nicht getan, sagt der Journalist. "Es kommt auf das Programm an. Darüber sollte mehr geredet und gestritten werden als über Geld."

ARD soll aus Pannen bei aktuellen Ereignissen lernen

Auf die Frage "Wie erklären Sie sich, dass die ARD bei aktuellen Ereignissen journalistisch so schwach reagiert?" antwortete Pleitgen: "Das liegt am föderalen System. Aus dem Versagen bei den Anschlägen in den USA am 11. September 2001 sind die richtigen Schlüsse gezogen worden. Dennoch hat es wieder peinliche Schwächen gegeben: bei den Anschlägen in Paris und Berlin wie auch beim Brand von Notre Dame. Um Wiederholungen solcher Pannen zu vermeiden, sollte die ARD die Zuständigkeit für die Berichterstattung über solche Ereignisse kategorisch ‧einer Stelle übertragen. Am besten 'ARD Aktuell' in Hamburg! Weiterer Nachrichtenkanäle bedarf es deshalb nicht."